Baracke Kronenstraße

Als im 3.Reich die Verbindungen mit ihren alten Traditionen zerschlagen wurden und an ihre Stelle die Kameradschaften traten, wobei wir mit den Hilaren und Arminen die Kameradschaft Lüderitz ins Leben riefen, die ihr Heim im Hilarenhaus fand, wurde unser Haus in der Kronenstrasse entbehrlich. Man baute es zu nächst zu einem Büro um und vermietete es an den Michwirtschaftsverband, die auf dem Haus noch lastenden,verhältnidmässig geringen Schulden wurden von einem Grossteil der Bundesbrüder als drückend empfunden, und so entschloss man sich leider im Jahre 1938 zum Verkauf des Hauses. Glücklicherweise ginges in den Besitz unseres lieben Bb Diftele über. In den letzten Kriegsjahren wurde dann das Haus durch einen Fliegerangriff zerstört.
Als nach Kriegsende einige Stuttgarter Bundeabrüder daran gingen unser Gaudeamus neu ins Leben zu rufen, und viele der früheren Lüderitz-Kameraden sich unserm Bunde anschlössen, war das brennendste Problem wieder die Raumfrage. Die Verhältnisse waren aber infolge der umfangreichen Zerstörungen ungleich schwerer als ehedem. Die Möglichkeit irgendwo einen ständigen Raum zu mieten, war so gut wie aussichtslos. Man musste froh sein, irgendwo ein passendes Extischlokal zu finden, wo man mehr oder weniger geduldet ein paar Glas biertrinken, sich aber nicht heimisch fühlen konnte.

Ein Ausweg aus dieser Not zeigte sich als wir von der Stadt Stuttgart eine amerikanische Blechbaracke geschenkt erhielten. Aber wo sollte sie aufgestellt werden? Unwillkütlich lenkten sich die Blicke auf das frühere Grundstück in der Kronenstrasse; unser Bundesbruder-Diftele und sein Betreuer, Bb. Dax, hatten volles Verständnis für unsere Not und unser Anliegen, uns den Platz zu überlassen. Sie stellten das frühere Hausgelände dem Bund mietweise für das Aufstellen der Baracke zur Verfügung. Zunächst wurde der vorhandene Trümmerhaufen weggeräumt. Man nahm davon Abstand, die Baracke einfach auf den Kellerboden zu setzen und entschloss sich, die Untergeschoss-Räume auszubauen und die Baracke darüber aufzustellen - So ist dann unser neues Haus entstanden, wie wir es jetzt vor uns haben.

Auszug aus “1958-05-Mai-Jahrgang-12-Blatt-1-Notunterkunft-Aktivitas”

Leider war mit den Erben des verstorbenen Bundesbruder Kintzinger keine Einigung zu erzielen, so daß ein anderer Bauplatz gesucht werden musste. Dieser fand sich in der Rosenbergstraße 26 und 28, wo nun nachdem sich H.Kellermann (Joli) mit dem Bauausschuß (Bb.Eberle-60, Hettier- Lütt, Rogler-Purzel) intensiv der Sache angenommen hatte und Lenz (Eibele) in großzügiger und tatkräftiger Weise seine Mitwirkung nicht versagte, unter Zustimmung und finanzieller Unterstützung des Unternehmens durch die Bundesbrüder nach Plänen von Bb. Prof.Regler (Purzel) mit dem Bau des neuen Verbindungshauses am 8.4.1958 begonnen werden konnte.

Grundsteinlegungen Rosenbergstr. 28

Nachdem mit einer letzten Kneipe am Sonntag 2.März, von der Kronenstraße 51 Abschied genommen worden war, begann der "Marsch in die Wüste", doch fand die Aktivitas inzwischen eine "Oase" im ehemaligen Marstall in der Konigstraße und wächst seitdem das neue Haus aus dem Boden, dessen Grundstein am 14.April in feierlicher Weise gelegt wurde. Hierüber wurde eine von Purzel (Regler) kunstvoll auf Pergament geschriebene Urkunde gefertigt und von allen zur Grundsteinlegung gekommenen Bb unterschrieben. Diese Urkunde wurde zusammen mit der von Schlemihl (Geiger) verfassten kurzen Chronik des Bundes in eine Kupferkassette getan, die außerdem noch aufnahm: sämtliche von Strippe (Groß) und Schlemihl redigierten Bundesblätter, eine von Schlemihl zusammengestellte Sammlung "Wir und die Zeit", ein Kommersbuch ("Lieder, die wir sangen und singen") sowie ein Mitgliederverzeichnis, je ein Fuchsen- und Burschenband, 2 Zeitschriften BADEN WÜRTTEMBERG, 2 Tageszeitungen von Stuttgart vom 14.4.1956, 1 Amtsblatt der Stadt Stuttgart vom I0.4.1958, 8 heute gültige Münzen, 1 Flasche "Stuttgarter Kriegsberg".

Nach kurzen Ansprachen Jolis (Kellermann) und Ribeles (Lenz) und einer Stärkung der Anwesenden mit "Kriegsberg"-Wein (Gewächs Ribele) wurde die Kassette verlötet und in der Baugrube in die vorgesehene Öffnung eingemauert, bzw. -zementiert. Hierauf vollzog Joli den eigentlichen Akt der Grundsteinlegung mit den von Schlemihl verfassten Worten:
 

Wir wollen errichten ein neues Haus.
Den Grundstein legen wir heut,
Nun wachse es aus dem Boden heraus
Zu unser aller Freud.

Wir setzen hier fort die Tradition
Drum sei der Schwur erneut,
Der gilt für jede Generation
In Zeit und Ewigkeit:

Gaudeamus in Wahrheit,
in Freundschaft
und Freud! (Hammerschlag)

Gaudeamus in Zukunft
wie gestern
und heute (Hammerschlag)

Gaudeamus in aeternum (Hammerschlag)
 

Die Feier wurde abgeschlosson durch ein gemütliches Beisammensein im "Schwabenbräu" in der Friedrichstraße.

  
 

Umzug in eine Notunterkunft Marstallgebäude Königsstraße

Vor dem Umzug in die neuen Räumlichkeiten in der Rosenbergstrasse musste die Verbindung noch eine Notunterkunft in der Königsstraße im Marstallgebäude beziehen. Dies war ein trauriger Abschied für die Verbindung aus dem so lange genutzten Örtlichkeiten der Kronenstraße.

Bundesbruder Schlemihl fasste diese traurigen Abschied in diesem Gedicht zusammen:

Wir hatten erbaut ein uns liebes Haus
voreinst in friedlichen Tagen,
drin hielten in Ernst und Scherz wir aus
Bis es uns der Kriegssturm zerschlagen.

Wir haben verloren der Freunde viel
Im Osten, Nord, Süden und Westen,
und als das Haus in Trümmei fiel
Schien aus es mit fröhlichen Festen.

Doch haben wir nachher uns aufgerafft.
Der Bund ist wieder erstanden.
Wir haben ein einfaches Heim geschafft.
In dem wir zusammen uns fanden

Zu fröhlichem Kneipen und ernstem Tun.
Doch nun müssen wir es verlassen.
Und wem wir teils weinend, teils lachend dies tun.
So weil wir zurück dort lassen

Ein Stück von uns, wie es jedem ergeht,
Der scheidet aus trauten Räumen,
Aus deren Winkeln ihn umweht
Erinnerung an heimliches Träumen,

Erinn'rung an Plane, die man gefaßt,
Erinn'rung an glückliche Stunden,
auch, daß man manches verpaßt.
Doch auch, daß man Freunde gefunden,

Mit denen man waget den neuen Schritt,
Das neue Haus nun erbauet
Und zuversichtlich ruft: "Komm mit.
Die Zuktunft zwingt, wer ihr trauet!"

Wir trauen der Zukunft, wir bauen das Haus,
Doch sei der Schwur gehalten,
Daß auch in unserm neuen Haus
Der alte Geist mög' walten!

Der Geist, der 90 Jahre lang
geherrscht in unserem Bunde,
bleibt er gewahrt ist uns nicht bang
Um Wohl und Gedeihen der Runde.

Drum, wenn wir heut von hinnen geh'n
Laßt's froh uns tun, indessen -
Daß wir auf dem, was war, besteh'n,
Das laßt uns nie vergessen!


Wir schworen einst dem Bunde Treu
Auf Freundschaft, Wahrheit, Freude.
Dies lasset schwören uns aufs neu:
Gaudeamus gestern wie heute!

Dem Gaudeamus gelt' der Schwur
fortan auch im neuen Hause
So, wie er heut zum letzten Mal
Durch diese Räume brause:

Vivat, cre. at, flox at Gaudeamus!

(Schlemihl)

  
 

Einweihung Rosenbergstraße 28

Der Hausbau hat uns viele Sorgen bereitet, aber auch viel Freude, wie das wohl immer beim Bauen der Fall ist. Der Baumeister des neuen Hauses ist unser lieber Bb.. Lutt. Von ihm stammen die Baupläne; auch überwachte er die ganzen Arbeiten. Ihm zur Seite standen als örtlicher Bauleiter Bb. Jahn v. Nuddi und später Bb. Lehmann v. Träuble, die mit grossem Interesse und großer Liebe zur Sache ihres Amtes walteten. Die Aktivitas hat von Anfang an mit ihrer Hände Arbeit bei den Bauarbeiten mitgeholfen. In einer Art freiwilligen Arbeitsdienst wurden hunderte von Arbeitsstunden geleistet. Fast die ganze Bauzeit über waren immer 2 Bundesbrüder ganztägig am Bau beschäftigt und in den letzten Monaten wurde an jedem Samstag Vormittag von allen zusammen an der weiteren Verschönerung, vor allem ausserhalb des Hauses, gearbeitet.
Ein Bundesbruder stiftete das ganze erforderliche Holz, und Bb. Märte schickte aus Argentinien Lebensmittel-und Rauchwaren-Pakete, die wir in DMark umsetzten. Andere stifteten Baustoffe und Ausrüstungsgegenstände. Gross ist auch die Zahl der Bundesbrüder, die Anteilscheine zeichneten und sich dabei in ihren privaten Bedürfnissen einschränkten. Von 2 Bundesbrüdern wurden grössere zinslose Darlehen gegeben und die Firma Züblin, die die Bauarbeiten durchführte, übt großzügige Nachsicht bei der Abzahlung unserer Schulden. Erwähnen muss ich auch noch das Entgegenkommen mehrerer Bundesbrüder, die in letzter Stunde vor der Währungsreform mitgeholfen haben, einen Teil unseres Reichsmark-Vermögens wertbeständig in die D-Mark Zeit rüber zu retten. So haben fast alle Bundesbrüder ihren Teil dazu beigetragen, den Hausbau durchzuführen. Es war für uns alle erfreulich und ermunternd, in Gesprächen mit Bundesbrüdern zuhören.